Norwegische Weihnachtstraditionen sind den Schweizer Bräuchen grundsätzlich zwar ähnlich. Wer aber genauer hinschaut, entdeckt jede Menge norwegischer Besonderheiten – gerade auch kulinarischer Art. So geniessen die Norweger zum Beispiel mehrmals vor Weihnachten bereits ihre Weihnachtsmenüs: An den sogenannten Julebords, also Vorweihnachtsfeiern von Unternehmen oder Vereinen, wird nämlich das traditionelle Weihnachtsessen serviert. Vielseitig Engagierte schaffen so locker, drei, vier Weihnachtsmenüs zu geniessen vor dem Heiligen Abend.

Serviert wird an diesen Abenden – je nach Geschmack, Tradition und Region – beispielsweise Lutfisk, Schweine- oder Lammrippen. In katholischen Zeiten musste zu Weihnachten Fisch gegessen werden. Der Lutfisk wurde zum ersten Mal 1555 in der Literatur erwähnt und ist getrockneter Dorsch, der in einer Lauge gefeuchtet und dann gewässert wird. Bei diesem Prozess verliert der Fisch etwa die Hälfte seines Proteins, was zur geleeartigen Konsistenz führt. Die Norweger essen über 2000 Tonnen Lutfisk im Jahr, das meiste davon rund um Weihnachten – in ganz Norwegen. Als Beilage wird zum Beispiel Speck, Erbsen-Stocki, Kartoffeln und Ziegenkäse serviert.

Schon früh begannen aber auch die Menschen in Südwestnorwegen damit, Lammrippen (Pinnekjøtt) an Weihnachten zu essen. Das Lamm füttert sich nämlich selber, nicht aber das Schwein. Schweine hatte man nur in Städten zur, naja, zur Kloakenbeseitigung. Astri Riddervold, eine Ethnologin, erklärt damit, warum die Norweger erst spät anfingen, Schwein zu essen. Etwa ein Drittel der Norweger essen Lammrippen an Weihnachten. Zum Lamm gibt’s Kartoffeln, Kohlrabi-Stocki, Sauer- oder Rotkraut, wie auch Preiselbeeren.

In Ost- und Mittnorwegen ist die Schweinerippe als Weihnachtsmenü am meisten verbreitet. Etwa die Hälfte der Norweger hat die Juleribbe auf dem Teller – in der Weihnachtszeit verzehren sie 3000 Tonnen davon. Die Rippen werden mit Sauer- oder Rotkraut serviert, Kartoffeln, Preiselbeerkonfi und Weihnachtswürste.

Ich bin in der Schweiz aufgewachsen. Bei uns gab es immer Schinken und Kartoffelsalat an Weihnachten. Doch beim Dessert wurde es sehr norwegisch: Es gab – einmal im Jahr! – Multekrem. Die Multebeeren hat meist meine Grossmutter geschickt. In der Schweiz bekommen man die meines Wissens nicht. Immerhin gibt’s Multekonfi bei Smil. Wie auch Preiselbeerkonfi, Rot- und Sauerkraut, Erbsen- und Kohlrabi-Stocki und sogar Pinnekjøtt!

God Jul!

Bild: Pinnekjøtt mit Kålrabistappe, Nortura/Isidor Åstrøm